Freitagnachmittag.
Zwischen der Geburtstagskuchen-Runde der Praktikantin und den letzten Angebotsschreiben, die in dieser Woche noch verschickt werden sollen, klingelt das Telefon. Die externe Werbeagentur meldet Vollzug der aktuellen E-Mail-Newsletter-Kampagne. Darin wird ein gemeinnütziges Projekt zur Unterstützung sozial schwacher Jugendlicher vorgestellt und in welchem Umfang sich das versendende Unternehmen bislang dafür eingesetzt hat. Die Firma engagiert sich schon seit längerer Zeit ehrenamtlich für dieses Projekt, doch erst kürzlich hatte ein guter Freund die Idee, dieses Engagement publik zu machen und für Marketingzwecke zu nutzen. Tue Gutes und rede darüber! Ziel ist natürlich, durch die Newsletter-Kampagne neue Kunden zu gewinnen. Der Geschäftsführer ist zufrieden. Jetzt noch schnell den Jüngsten vom Fußball abholen und dann ab ins Wochenende mit der Familie.
Wettbewerbsrechtliche Abmahnung sorgt für Unverständnis
Eine Woche später.
Der Tag ist schon um 11.20 Uhr gelaufen. Soeben hat der Geschäftsführer die Tagespost gesichtet und hält nun die Abmahnung eines Vereins in den Händen, der von sich behauptet, „den Wettbewerb zu schützen“. Die Newsletter Abmahnung erhält das Unternehmen weil es Werbung per E-Mail ohne Einverständnis des Empfängers verschickt und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen habe. Das Schreiben enthält die Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die gleich vorformuliert mit beigefügt ist, abzugeben und eine Kostenpauschale von 225,00 € zu zahlen. Was soll denn der Quatsch? Das wird er auf keinen Fall unterschreiben und zahlen wird er auch nichts. Sollen die doch klagen, wenn sie nichts Besseres zu tun haben. Der Geschäftsführer merkt, wie das Pochen an seiner rechten Schläfe immer mehr zunimmt. Dabei ist es weniger das Geld, das er angeblich zahlen soll, was ihn so aufregt, als vielmehr die Tatsache, dass er seine wertvolle Zeit mit solchen Dingen verschwenden muss. Wieso soll Werbung für einen guten Zweck nicht erlaubt sein? Weshalb werden Unternehmen in Deutschland immer Steine in den Weg gelegt? Warum ist die gesetzte Frist so kurz? Und woher wissen die eigentlich davon?
2 Tage später.
Eine Unterlassungserklärung wurde abgegeben und die Buchhaltung angewiesen, die 225,00 € zu bezahlen. Themenwechsel!
Newsletter Abmahnung – Warum Werbemails gefährlich werden können
5 Tage später.
Die Wogen haben sich etwas geglättet. Noch am selben Tag, als ihn die Hiobsbotschaft erreichte, rief der Geschäftsführer seinen Anwalt an. Dessen Auskunft war klar und deutlich, wenn auch alles andere als erfreulich: Der Begriff Werbung wird sehr weit verstanden. Jede Äußerung eines Unternehmens ist Werbung, wenn sie das Ziel hat, den Absatz von Produkten zu fördern. Dazu zählt auch die mittelbare Absatzförderung, wie zum Beispiel Imagewerbung. Da mit dem Newsletter-Versand nicht nur der gemeinnützige Zweck im Vordergrund stand sondern auch die positive Außendarstellung des Unternehmens, handelt es sich bei den verschickten E-Mails um Werbung. Aha. Damit gelten dieselben Grundsätze wie bei sonstigen Werbe-E-Mails auch: Der Empfänger muss vorher ausdrücklich eingewilligt haben, diese E-Mail zu erhalten. Da das nicht der Fall war, handelt es sich um eine unzumutbare Belästigung und einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Um eine Klage zu vermeiden wurde deshalb eine Unterlassungserklärung abgegeben und die Abmahnpauschale gezahlt. Wichtig ist, dass dieser Verstoß zukünftig nicht wieder passiert, da sonst eine Vertragsstrafe an den Verein gezahlt werden muss. Übrigens: Das war noch Glück im Unglück! Denn hätte nicht ein Verein sondern eine Kanzlei die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ausgesprochen, wären die Abmahnkosten wesentlich höher gewesen, da sich diese dann nach der gesetzlichen Vergütung für Rechtsanwälte richten.
8 Wochen später.
Die Werbeagentur hatte eine witzige Idee, wie ein neues Zubehörteil für eines der am meisten verkauften Produkte des Unternehmens in einem Newsletter kurz und prägnant beworben werden kann. Diesmal soll alles richtig laufen. Der Anwalt, welcher auch als Spezialist im Newsletter Recht das Unternehmen betreut, hatte dem Geschäftsführer noch eine Checkliste übersandt, welche Grundsätze beim E-Mail-Marketing zu beachten sind:
Checkliste für die Praxis
- Keine E-Mail-Werbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers.
- Der Empfänger muss selbst aktiv einwilligen. Keine bereits gesetzten Häkchen „Newsletter abonnieren“.
- Der Werbende muss beweisen, dass der Empfänger in den Erhalt der E-Mail eingewilligt hat, deshalb am Besten das Double-Opt-In-Verfahren verwenden.
- Jeder Newsletter muss den Hinweis und die Möglichkeit enthalten, die E-Mail-Werbung jederzeit abzubestellen; optimal ist ein Link „Newsletter abbestellen“.
- Der Absender der Werbe-E-Mail muss klar identifizierbar sein. Kein Verschleiern der Werbung in der Betreffzeile.
- Jeder Newsletter benötigt ein Impressum.
Ausnahmsweise sind Werbe-E-Mails auch ohne Einwilligung des Empfängers erlaubt, wenn bereits eine Kundenbeziehung besteht und folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Erhalt der E-Mail-Adresse im Rahmen des Verkaufs eines Produkts und
- die E-Mail-Adresse wird für Direktwerbung für eigene ähnliche Waren verwendet und
- der Kunde hat der Werbung per E-Mail nicht widersprochen und
- bei Erhalt der E-Mail-Adresse und in jedem Newsletter wird der Kunde über die Möglichkeit des Widerspruchs informiert
Diese Checkliste hängt jetzt an der Pinnwand im Besprechungsraum, eine Kopie ging an die Marketingagentur.
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